Mittlerweile haben die meisten deutschen Firmen verstanden, dass die digitale Transformation in vollem Gange ist und jede Organisation einen Plan braucht, um sich auf die digitale Reise vorzubereiten. Agile Vorgehensmodelle wie Scrum oder DevOps sind en vogue und verstärken den Veränderungsdruck auf den CIO. Cloud ist ein möglicher Ansatz, um die „Digital Journey“ zu starten.
Unter dem Buzzword „Cloud-Services“ verstehen viele IT-Manager das Allheilmittel, um Geschäftsprozesse zu digitalisieren, verbesserten und einfacheren Service zu bieten bei gleichzeitiger Senkung der IT-Kosten. Die Platzhirsche unter den Cloud-Anbietern wie Amazon Web Service, Microsoft Azure oder Rackspace werben mit kinderleicht einzurichtenden Services, deren Nutzung stundengenau abgerechnet werden kann. Auch das Argument „Datenschutz“ wird zunehmend durch eigene Standorte in Deutschland entschärft. Auch neuartige Technologien wie „Code as a Service“ oder NoSQL-Datenbanken werden angepriesen. Es gibt der Möglichkeiten also viele. Doch eine Migration von On-Premise-Services zu Cloud-Services ist alles andere als trivial. Um Fallstricke zu vermeiden, sollten Sie die folgenden Aspekte im Hinterkopf behalten.
Lizenzen für Cloud-Services
Die Firma hat vor kurzem eine Investition in neue Oracle-Datenbank-Lizenzen getätigt und möchte diese nun in die Cloud-Umgebung ihrer Wahl umziehen. Vorsicht, das kann teuer werden. Die Lizenzmodelle der Hersteller sind mittlerweile eine Wissenschaft für sich und eine falsche Lizensierung kann spätestens beim nächsten Audit sehr teuer werden.
Also klären Sie, welche Lizenzen Sie heute nutzen und prüfen Sie, ob diese in einer Cloud-Umgebung weitergenutzt werden können.
Datenschutz
Sie halten hochsensible Daten ihrer Kunden in ihren Datenbanken und möchten diese nicht in fremden Händen wissen? Dann sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie die Dienste eines Cloudanbieters in Anspruch nehmen. Auch wenn höchste Sicherheit zugesagt wird, kann man sich lediglich auf die Aussagen verlassen, überprüfen kann man sie oftmals nicht.
Prüfen Sie also vor dem Outsourcing Ihrer Datenhaltung, welche Daten sie wirklich auslagern wollen und welche Daten Sie gar nicht auslagern dürfen. Letzteres gilt insbes. für medizinische Daten, deren Auslagerung zu einem Dienstleister rechtlich problematisch ist. Auch Ihre neuesten Produktideen und sonstiges Geschäftsgeheimnisse sollten Sie lieber auf Ihren eigenen Server belassen.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist, wie leicht sich die Daten wiederbeschaffen lassen. Wenn Sie lediglich Thumbnails von Ihren Fotos auf einem Cloudspeicher ablegen und die hochauflösenden Original in Ihrem Rechenzentrum speichern, dann spricht nichts gegen einen Cloudspeicher wie z.B. Amazons S3.
Kostensenkung
Die Aussicht auf signifikante Kosteneinsparungen kommt den meisten Managern wohl als erstes in den Sinn, wenn die Möglichkeiten von Cloud-Services diskutiert werden. Die Cloud-Anbieter haben ihr Pay-as-you-go-Modell (z.B. von Microsoft Azure: https://azure.microsoft.com/de-de/offers/ms-azr-0003p/ ) in den Köpfen verankert, obwohl dies keinesfalls heißt, dass Pay-as-you-go grundsätzlich günstiger ist als On-Premise-Lösungen. Entscheidend ist, die oft komplizierten Preismodelle der Cloud-Anbieter zu analysieren, zu verstehen und im eigenen Sinne anzuwenden. Benötige ich Compute-Power nur für ein paar Tage, um eine neue Applikationsversion zu testen? Dann ist Pay-as-you-go vermutlich die richtige Lösung. Möchte ich jedoch meine rechenintensive BI-Anwendung in die Cloud verlagern, dann sollte ich genau nachrechnen, welche monatlichen Kosten wirklich anfallen und ob der On-Premise-Betrieb nicht vielleicht doch kostengünstiger ist.
Bei einer Cloud-Migration muss es aber nicht immer nur um die Kosten gehen. Hochverfügbarkeit von Systemen oder DR-Konzepte (Disaster Recovery) lassen sich mit einer Cloud-Platform sehr gut umsetzen. Falls Sie für das nächste Weihnachtsgeschäft für ein paar Wochen mehr Compute-Power benötigen, ist ein IaaS-Service wohl ebenfalls der richtige Weg. Oder haben Ihre Softwareentwickler eine geniale Idee für eine mobile App, dann können sie nötigen Ressourcen ebenfalls aus der Cloud bezogen werden. Die Cloud ist ohnehin ein wichtiger Baustein bei der Transformation oft starre IT-Abteilungen hin zu agilen Teams und Vorgehensweisen. Pay-as-you-go fördert agiles Vorgehen, da Projekte kurzfristig aufgesetzt werden können und ggf. auch wieder verworfen werden können, ohne Unsummen an Budgets und IT-Ressourcen zu verschlingen.
IT-Betrieb & Support
Eine Cloud-Lösung stellt eine Plattform zur Verfügung, auf der Sie Ihre Applikationen betrieben können. Prüfen und klären Sie, welche Verantwortlichkeiten beim Provider und welche bei Ihnen selbst liegen. Bei AWS heißt diese Trennung der Verantwortlichkeiten „Shared Responsibility Model“. Einen Überblick dazu finden Sie hier:
https://aws.amazon.com/de/compliance/shared-responsibility-model/
Für Ihren Verantwortungsbereich benötigen Sie also nicht nur Applikations-Know-How, sondern auch Mitarbeiter, die sich mit der Cloud-Plattform selbst auskennen und 24 Stunden, 7 Tage die Woche zur Verfügung stehen.
Backup & Disaster Recovery
Die Erstellung von Backups liegt i.d.R. beim Kunden. Sie müssen selbst entscheiden, wie Sie Backups durchführen, wo Sie diese speichern wollen und wie Sie im Ernstfall ein Restore der Datensätze durchführen. Auch für diesen Bereich benötigen Sie Fachwissen, um nicht unnötig viel Backup-Speicher zu verbrauchen und um im Notfall für eine Datenwiederherstellung gerüstet zu sein.
Skills & Know How
In der „alten“ Welt benötigen IT-Administratoren Wissen über die genutzten Infrastrukturen wie IP-Netzwerke, Router, Switche, Domänenverwaltung, Nameserver, Mailserver und vieles andere mehr.
In der neuen „Cloud“-Welt ändern sich zwar die Produktnamen, die zugrundeliegende Technologie ist jedoch oft die gleiche wie in der alten Welt. D.h. bei einer Migration in die Cloud benötigen Sie Spezialistenwissen, genau wie in der „alten“ IT-Welt. Berücksichtigen Sie dies unbedingt für Ihren Business-Case. Cloud-Spezialisten sind derzeit auf dem IT-Arbeitsmarkt sehr rar.
Preismodelle verstehen
Entwickeln Sie ein tiefergehendes Verständnis für die Preismodelle der versch. Anbieter. Was aus den ersten Blick unschlagbar günstig erscheint, entpuppt sich im laufenden Betrieb evtl. als Kostentreiber. Welche Compute-Power benötigen, wieviel Speicherplatzbedarf haben Sie, wieviele Netzwerk-Traffic wird erzeugt, wieviele Messages werden täglich generiert etc.
Es gilt hier, die Übersicht zu bewahren, sonst laufen Sie schnell in eine Kostenfalle.
Abhängigkeit von einem Anbieter
Derzeit ist Amazon Web Services wohl der unbestrittene Platzhirsch unter Cloud-Providern, gefolgt von Microsoft Azure und der Google.
Eine detaillierte Übersicht über die großen Anbieter hat Gartner zusammen-gestellt und kann hier eingesehen werden. Der Artikel beschreibt die wichtigsten Leistungsparameter der einzelnen Anbieter und biete einen Stärke/Schwächen-Vergleich. Wer den Schritt in die IT-Wolke wagt, dem sei dieser Artikel ans Herz gelegt.
Welchen Anbieter Sie am Ende auch immer auswählen, bleiben Sie gewahr, den sog. Vendor-Lock-In-Effekt zu vermeiden. Je mehr Teile Ihrer IT-Infrastruktur zu einem Cloud-Anbieter migriert werden, desto größer wird die Abhängigkeit von diesem Anbieter. Sie sind dann Preisanpassungen ausgesetzt, eine Migration zu einem anderen Provider kann sehr teuer und aufwändig werden.
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