In der IT ist ein zunehmender Innovationsdruck zu verzeichnen, der von Herstellern und Lösungsanbietern befeuert wird. Neue Marketing-Buzzwords werden im Wochenrhythmus auf den Markt geworfen, manche geraten bereits nach einigen Monaten wieder in Vergessenheit. CIOs und IT-Manager sehen sich gleichzeitig einem konstanten Strom neuer Anforderungen und Wünsche der Anwender ausgesetzt, wie z.B. BYOD, Scrum, Agile, Mobile Device Management u.a. Doch der Trend sollte sich schnellmöglich umkehren zum Konzept der „Slow IT“.

Bereits im Jahr 2013 hat sich der Branchenkritiker Rob England auf seinem Blog “IT Skeptic” mit dem Konzept “Slow IT” beschäftigt. Bislang hat dieses Konzept nur wenig Widerhall in der IT gefunden – meiner Meinung nach zu Unrecht.

Slow ist im Trend

Der Artikel beleuchtet die zunehmende Innovationsgeschwindigkeit in der IT, mit der IT-Organisationen und vor allem die Menschen in denselben, schon längst nicht mehr mithalten können. Auch in anderen Bereichen, wie z.B. beim Slow Food, erfolgt ein Umdenken vom wenig gehaltvollen Fast Food zu einem nachhaltigen Konzept einer gesünderen und langsameren Ernährung. Weitere Bereiche des täglichen Lebens werden vom Slow-Trend erfasst, eine gute Übersicht findet sich bei  The Slow Movement.

Ein derartiges Umdenken ist auch in der IT angezeigt. Damit ist nicht gemeint, dass IT-Abteilungen in die Planwirtschaft einsteigen sollten und 5-Jahrespläne aufstellen, weit gefehlt. Es ist vielmehr eine nachhaltige IT gefordert, die bereits bei der Planung von Systemumgebungen in die Zukunft denkt und nicht nur dem aktuellen Hype nachläuft und sich dabei vielleicht sogar verrennt. Viele Trends in der IT der letzten Jahre haben sich als Schnellschüsse erwiesen. Outsourcing der Softwareentwicklung nach Indien mag auf den ersten Blick Kostenvorteile bieten, in der täglichen Zusammenarbeit der internationalen Teams stößt man jedoch schnell an Grenzen, die die Produktivität rapide absinken lassen und Kostenvorteile abschmelzen. Weitere Aspekte wie der Schutz des geistigen Eigentums sind bei Outsourcing-Projekten erst später bedacht worden und haben so manchem CIO Kopfzerbrechen bereitet.

Persönliche Erfahrungen mit neuen Technologien und Anwendungen werden von Mitarbeiter der Fachabteilungen und nicht zuletzt der eigenen IT-Experten werden in die Unternehmen übertragen. Oftmals sind es jedoch Lösungen für Privatanwender, die sich nicht einfach in ein unternehmensweites Netzwerk integrieren lassen. Es folgt Wildwuchs an Lösungen und Systemarchitekturen, die später zu Konsolidierungsprojekten führen, in denen der selbstgeschaffene Saustall mit hohem Aufwand ausgemistet wird.

Ein abwägendes Vorgehen bei der Bewertung neuer Technologien, insbes. bei Begeisterung für die heimischen Gadgets, ist angebracht, ja zwingend erforderlich.

Slow IT in der Praxis

IT und insbes. der CIO haben den Auftrag, die unternehmensweite IT stabil, sicher und kostenoptimal zu betreiben. Innovationen sind zweitrangig, Investitionen in IT-Lösungen müssen sich mindestens amortisiert haben, bevor das “Next big thing” eingeführt wird. Das Schlüsselbegriff ist hier TCO (Total Cost of Ownership). TCO sieht vor, die Kosten für einen IT-Service über den gesamten Lebenszyklus und über alle Komponenten zu berechnen.

Die bestehenden und die neuen Lösungen umfassen nicht nur Investitionen in Hardware, Infrastruktur und Applikationen. Personalkosten und Schulungskosten werden oft vergessen, machen aber einen erheblichen Anteil bei neuen IT-Services aus. Hinzu kommen Aufwände für Einführungsprojekte und die Definition, Implementierung und den Betrieb der Supportprozesse. Nicht zu vergessen die Sicherheitsthemen, die immer mehr Gewicht gewinnen.  

All diese Aspekte sprechen für eine langsame, “slow IT“. Es sollte nicht jeder neue Hype der IT-Welt verfolgt werden. Neuerungen sollten mit sorgfältiger Planung und Abwägung eingeführt werden. Alles andere wäre im Rahmen einer Enterprise-IT unverantwortlich und budget-zehrend.